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Magersucht

Kann denn Essen Sünde sein?

Magersüchtige verweigern die Nahrungsaufnahme so gut wie total. Sie essen gerade so viel wie nötig, um am Leben zu bleiben. Allerdings: 4 bis 8 Prozent von ihnen sterben.

Wo andere Lust aufs Essen bekommen und ihnen das Wasser im Mund zusammenfließt, haben Magersüchtige eine Todesangst zuzunehmen. 10 Gramm mehr am Körper kommen ihnen vor wie 10 Kilo. Während sie kurz davor stehen, sich zu Tode zu hungern, spüren sie noch immer ihr ‚angenommenes‘ Übergewicht. Pro Tag zwei Möhren und ein Apfel reichen ihnen aus und das über eine langen Zeitraum. Sie leben immer am Rande eines lebensbedrohlichen Untergewichts.

 

Zahlen und Fakten

Magersüchtig sind überwiegend junge Frauen. 0,7 bis 1 Prozent aller Frauen sind davon betroffen, das heißt etwa 80.000 in Deutschland. Nur 6 Prozent aller Magersüchtigen (also etwa 4.800) sind Männer.

Sie haben meistens eine überdurchschnittlich gute Schul- und Berufsausbildung.

Magersüchtige hungern sich zu Tode: Zehn Prozent aller Magersüchtigen sterben an den Folgen der Unterernährung.

Bei 30 Prozent wird die Sucht chronisch, sie kann ein Leben lang andauern. 40 Prozent der Erkrankten werden in Therapien geheilt, bei einem weiteren Drittel kommt es zu einer Spontanheilung.

 

Hinweise auf Magersucht

Magersüchtige spüren ihren Körper nicht. Sie fühlen nicht, wann ihnen kalt oder warm ist. Magersüchtige sind äußerst leistungsorientiert, treiben Sport bis hin zum Spitzensport und sind gute Schülerinnen. Zugleich erfüllt es sie mit Stolz, besser zu sein, als diejenigen, die all das ungesunde Essen in sich hineinschaufeln. In der Schule tauschen sie ihre Brote und fetthaltigen Lebensmittel gegen Obst und Gemüse. Die Magersucht ist die zerstörerischste unter den Eßsüchten. Sie führt häufig zu Vereinsamung und Depression.

 

Ursachen und Entstehung

Magersucht entsteht häufig während der Pubertät. Der weibliche Körper wird abgelehnt. Die magersüchtigen Mädchen wehren sich gegen den körperlichen Reifungsprozeß mit der Ausprägung der sekundären Geschlechtsorgane. Meist verändert sich durch das ständige Hungern der Hormonhaushalt, die Menstruation bleibt aus.

Ein Teil der Magersüchtigen kommt aus sehr harmonieträchtigen Familien. Als Kinder hatten sie keine Chance, sich selbst auszuprobieren, so blieb ihnen nur der eigene Körper als Raum, über den sie bestimmen durften.

Zu den Ursachen, die zur Magersucht führen, kann ein sexueller Mißbrauch gehören.

 

Verlauf und Folgen

Zu den körperlichen Folgen der Magersucht gehört das Absinken •des Stoffwechsels •des Blutdrucks •des Pulses und •der Körpertemperatur.

Meist sind die Folgen verbunden mit
•Müdigkeit
•Frieren
•Verstopfung
•trockener Haut
•veränderter Körperbehaarung
•brüchigen Haaren und
•ausbleibender Menstruation.

Das Gewicht sinkt auf 40, wenn nicht gar auf 32 Kilogramm.

Die Pubertätsmagersucht kann in eine chronische Magersucht übergehen, die lebenslang bestehen bleibt. Geht die chronische Magersucht in eine akute über, bedeutet das Lebensgefahr. Manche der Eß- und Magersüchtigen pendeln zwischen den verschiedenen Eßstörungen hin und her, so daß es zu einem Symptomwechsel kommt.

Zur Magersucht kann eine Medikamentenabhängigkeit hinzukommen, ausgelöst durch Appetitzügler, Psychopharmaka und Abführmittel. Die Medikamentenabhängigkeit führt zu Leber-, Herz- und Kreislaufbeschwerden.

 

Behandlung

Magersüchtige müssen wie alle Süchtige erst einmal begreifen, daß sie krank sind. Sie müssen begreifen, daß sie keine Macht mehr darüber haben, ob sie essen oder nicht. Gerade die, die so gut wie gar nichts zu sich nehmen, können auch nur schwer Hilfe annehmen. Insofern ist die Kapitulation vor der Übermacht der Eßstörung der erste Schritt zur Genesung. Extremes Untergewicht sollte in der Klinik behandelt werden.

Hungern ist eine Verweigerung. In der Behandlung geht es darum, herauszufinden, was eigentlich verweigert wird. Meist gibt es ein früheres Erlebnis oder Gefühl, das man nicht mehr spüren möchte. Der ständige Schmerz des Hungerns ersetzt dieses ursprüngliche Leiden. Ist dieser ursprünglicher Schmerz bekannt und hat man gelernt, ihn sich mit dem Abstand von vielen Jahren noch einmal anzugucken, kann das Leben ohne Selbstverzehrung beginnen. Gruppen für magersüchtige Frauen gibt es heute schon in vielen Städten. Wie andere Suchtgruppen sollte man sie über einen längeren Zeitraum besuchen. Neben den therapeutischen Beratungen erkennt man in den Selbsthilfegruppen durch die Erzählungen anderer, was mit einem selbst geschehen ist. Man kann zuschauen, wie andere damit umgehen, ehe man den risikoreichen Schritt, sich selbst zu ändern, beginnt.

 

Sucht hat immer eine Geschichte

Sucht hat nie eine einzige Ursache: Die Persönlichkeit und die Umwelt, in der ein Mensch aufgewachsen ist oder lebt, entscheiden darüber, ob der Mensch einer Suchtgefahr standhalten kann oder nicht. Das Zusammentreffen mehrerer negativer Erlebnisse belastet jeden Menschen. Wer viele Möglichkeiten kennengelernt hat, Probleme zu bewältigen, ist weniger gefährdet, in eine Sucht zu flüchten.

 

Vorbeugung

Suchtvorbeugung muß in der Kindheit beginnen. Hier entwickelt sich das Selbstwertgefühl. Schon das Kind kann lernen, mit Problemen angemessen umzugehen und sein Leben aktiv zu gestalten. So gestärkt kann es später einer Suchtgefahr besser standhalten.

Suchtvorbeugung heißt: Selbständigkeit, Selbstachtung, Selbstfindung und Lebensfreude bei Kindern fördern, Kommunikations- und Konfliktfähigkeiten stärken. Der Aufbau der Ich-Stärke ist zentrales Ziel suchtvorbeugender Arbeit in NRW. Damit Kinder und Jugendliche gerade in schwierigen Lebenssituationen eigenständig entscheiden können,’Nein‘ zu sagen und Verantwortung (für sich und ihr Handeln) zu übernehmen.

Das elterliche Vorbild ist wichtig. Sie sollten Ihren eigenen Umgang mit Problemen kritisch kontrollieren. Reden Sie mit Ihrem Kind offen über Sucht und Suchtgefahren. Kinder sollten wissen, wie es zu Süchten kommt und wie diese wirken.

Hinweis:

Teile des Inhalts oder etwaige Grafiken entstammen folgender Quelle: Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. Lexikon der Süchte http://www.fah.nrw.de/08-Infothek/01-Downloads_A-Z/S/Suchtpraevention_Lexikon_der_Suechte.pdf